Die Zahlen zur Geldvermögensbildung in Deutschland zum Jahresende 2021 wurden in einer Pressenotiz der Deutschen Bundesbank veröffentlicht. Letztes Jahr wurden die damaligen Zahlen in einem Beitrag der Pufendorf Gesellschaft schon einmal im Sinn der volkswirtschaftlichen Saldenmechanik interpretiert. In diesem Beitrag wird der Betrachtungszeitraum erweitert. Ab 1999 werden die Geldvermögen, die Verbindlichkeiten der privaten Haushalte und als deren Differenz die Nettogeldvermögen (NGV) in Mrd. € abgebildet. Die Zahlen stammen von der Deutschen Bundesbank (Link).
[Aufgrund zwischenzeitlich durchgeführter Revisionen der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung sowie der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sind die Angaben nicht mit denen früherer vergleichbar.]
Jahr Geldvermögen Verbindlichkeiten NGV
1999 3320,1 1435,1 1885
2000 3396,8 1498,6 1898,2
2001 3494,5 1520 1974,5
2002 3458,6 1536,2 1922,4
2003 3669,1 1553,4 2115,7
2004 3830,2 1559,4 2270,8
2005 4061,6 1552,9 2508,7
2006 4060,3 1551,2 2509,1
2007 4280,1 1531,4 2748,7
2008 4090,7 1517,2 2573,5
2009 4253,3 1515,1 2738,2
2010 4424,2 1519,9 2904,3
2011 4466,5 1537,3 2929,2
2012 4680,5 1554,2 3126,3
2013 4903,5 1565,6 3337,9
2014 5141,4 1587,5 3553,9
2015 5395,1 1622,3 3772,8
2016 5643 1670,8 3972,2
2017 5955,7 1729,1 4226,6
2018 6083,3 1773,1 4310,2
2019 6574,1 1857,7 4716,4
2020 7023,6 1943,9 5079,7
2021 7617,7 2042,6 5575,1
Das weltweite NGV ist per Definition gleich Null! Und so macht das steigende NGV der deutschen Privathaushalte es erforderlich, dass jemand diesen Nachfrageausfall kompensiert. Hierzu stehen die drei Sektoren Unternehmen, Staat und Ausland zur Verfügung.
Die Unternehmen in Deutschland nehmen schon länger nicht mehr ihre Funktion als zuverlässiger Netto-Schuldner wahr; die Innenfinanzierung gewinnt an Bedeutung. Diese wegbrechende Kreditvergabe wird von deutschen Kreditinstituten teilweise durch die boomende Baufinanzierung ersetzt. Das kann an den vormals lethargischen Verbindlichkeiten deutscher Privathaushalte abgelesen werden, die in den letzten Jahren ein beschleunigtes Wachstum erleben. Volkswirtschaftlich betrachtet ist diese Art der Kreditausweitung bedenklich, da Wohnimmobilien langfristige Konsumgüter darstellen. Die galoppierenden Immobilienpreise haben ein spekulatives Element, sprich die neuen Eigentümer setzen auf weitere Wertsteigerung. Nicht umsonst entfernen sich die Immobilienpreise immer mehr von den Mieten (steigender Kaufpreisfaktor dank niedriger Zinsen).
Die staatliche Bekämpfung der COVID-19-Pandemie setzte relevante Teile des öffentlichen Lebens lahm. Das führte zu einer nie dagewesenen privaten Sparquote, bei gleichzeitig sich ausweitender Staatsverschuldung. Allerdings bleibt Deutschlands Staatsverschuldung weit hinter den NGV der privaten Haushalte zurück.
Neben steigender Ersparnisbildung wird das private Geldvermögen aktuell von boomenden Wertpapiermärkten gespeist. Bei einbrechenden Finanzmärkten kann das private Geldvermögen den Rückwärtsgang einlegen, siehe 2002, 2006 und 2008.
Die Hauptlast einer fehlenden privaten Nachfrage, hervorgerufen durch steigende NGV der privaten Haushalte, trägt das Ausland. Deutschlands Leistungsbilanzüberschüsse stehen für ein negatives NGV des Auslands gegenüber Deutschland. Der sich abzeichnende Umbau der Weltwirtschaft hin zu mehr nationaler Wertschöpfung bedroht das deutsche Geschäftsmodell „chronischer und massiver Exportüberschuss“.
Zu welchen Verwerfungen der Ukrainekonflikt in der deutschen Volkswirtschaft noch führen kann, ist ungewiss. Ein Stopp fossiler russischer Energieträger wird die Unternehmen und Haushalte schwächen. Der Staat müsste dann ähnlich der Pandemiebekämpfung einspringen.
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