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Grenzen der Staatsschulden


In der FAZ diskutierte letzte Woche Gerald Braunberger die Grenzen der Staatsschulden. Er sieht dabei die Inflation als die Grenze der Staatsschulden:


"Inflation ist aktuell kein Thema, und vermutlich wird sich daran so schnell nichts ändern. Aber wenn die Inflationsgefahr wieder einmal zunehmen sollte und die Leute den Eindruck gewinnen, die Zentralbanken reagierten mit Rücksicht auf hochverschuldete Staaten nicht, könnten sie mit Verkäufen von Anleihen reagieren und in Erwartung steigender Inflationsraten Güter kaufen und damit die von ihnen befürchtete Inflation selbst erzeugen."


Wodurch sind die Staatsschulden also begrenzt? Quasi gar nicht, sagt Braunberger. Dem stimmen wir zu. Theoretisch können Zentralbanken unendlich viel Geld schöpfen. Mario Draghi hat 2014 bestätigt, dass der EZB das Geld nicht ausgehen kann. Sofern auch höhere Defizite nicht politisch sanktioniert werden (wie durch den Stabilitätspakt- und Wachstumspakt), könnten auch in der Eurozone die nationalen Regierungen ihre Ausgaben Richtung unendlich steigern. Eine funktionale Grenze der Staatsschulden ist nicht auszumachen.


Interessanterweise ist auch schon zu erahnen, was die reale Grenze der Staatsschulden sein könnte. Wenn der Staat Geld ausgibt, erhöht sich seine Verschuldung. Nimmt der Staat hingegen Steuereinnahmen ein, so reduziert sich seine Verschuldung. Andererseits erzeugen staatliche Ausgaben private Einkommen. Da private Einkommen versteuert werden müssen, führen staatliche Ausgaben ziemlich sicher auch zu Steuerzahlungen. Sofern die EinkommensempfängerInnen diese Einkommen für Konsum nutzen, fallen darüber hinaus noch Mehrwertsteuer und Verbrauchssteuern an.


Insofern ist die Staatsverschuldung begrenzt, weil die Ausgaben des Staates zu Konsumausgaben der Haushalte führen, die wiederum die Staatsschulden reduzieren. Die Geschichte lehrt uns dabei, dass in bestimmten Krisenzeiten (meist mit Verschuldung in ausländischer Währung und Verknappung der Produktion) Hyperinflation eine Möglichkeit ist. Insofern handelt es sich hier nicht um eine feste, sondern eine bewegliche Grenze der Staatsschulden. Hyperinflation begrenzt also die Staatsschulden nicht, so wie Braunberger anscheinend meint.


Auch der beliebte, aber wenig sinnvolle Indikator der Staatsverschuldung als Anteil vom BIP ist theoretisch unbegrenzt, praktisch aber doch. So führt jede Erhöhung der Staatsverschuldung zu einer Erhöhung des BIP. (Nur in Ausnahmefällen, die aktuell wenig realistisch sind, wäre das nicht der Fall, z. B. bei Geldgeschenken des Staates an seine Bürger.) Wenn Zähler und Nenner eines Bruchs sich gleichmäßig erhöhen, dann nähert sich der Bruch dem Wert 1 bzw. 100% an.


Die Daten der OECD zeigen uns, dass trotz jahrzehntelangen Wachstums der Staatsschulden das Verhältnis von Staatsschulden zum BIP in den meisten Ländern unter 150% liegt und nur in Ausnahmen darüber. Japan, Italien und Griechenland befinden sich aktuell über diesem Wert. Japan verfügt dabei über eine eigene Währung, der Staat kann daher seine Zahlungsfähigkeit sicherstellen. In Italien und Griechenland braucht die Regierung hingegen die Unterstützung der EZB. In der Eurozone kann die Staatsverschuldung der Mitgliedsstaaten vom Stabilitäts- und Wachstumspakt gebremst werden.


Die Grenzen der Staatsverschuldung bei Ländern mit eigener Währung liegen praktisch bei der Politik und im Konsumverhalten der Bevölkerung. Die nationale Regierung legt dabei im demokratischen Prozess die Staatsausgaben fest, während das Konsumverhalten der Bevölkerung die Steuereinnahmen definiert. Beides zusammen ergibt das staatliche Defizit und damit die Veränderung der Staatsverschuldung. Sie ergibt sich als Resultat des Verhaltens von Politik und BürgerInnen.


Quelle: https://data.oecd.org/gga/general-government-debt.htm


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