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Nicht nur eine Frage der Dimension: Warum der Staat keine Hausfrau ist, auch wenn er einen Haushalt


1.

Dass der Staat keine schwäbische Hausfrau ist, scheint volkswirtschaftlich eine klare Sache.


Während die schwäbische Hausfrau so viel Geld ausgeben kann wie sie will - ihr eigenes Einkommen kann sie damit nicht beeinflussen.


Je mehr Geld hingegen der Staat ausgibt und damit Wirtschaftsleistung nachfragt, die ihrerseits wieder Nachfrage erzeugt, desto mehr Einnahmen – Steuereinnahmen aus erhöhter Wirtschaftsleistung – wird er erzielen. Mit mehr staatlichen Ausgaben schrumpft in normalen konjunkturellen Zeiten das Defizit in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Diesen Zusammenhang kann man z.B. in Portugal, seit sich das Land von der von Brüssel verordneten Austerität verabschiedet hat, beobachten.


Die Ausgaben des Staates und die der schwäbischen Hausfrau sind in ihrer Dimension vollkommen unterschiedlich: Der Einfluss der Ausgaben der schwäbischen Hausfrau auf die Wirtschaftsleistung,  ist angesichts der in Rede stehenden Beträge selbst unter Einrechnung etwaiger Hausbaukredite marginal, der des Staates hingegen enorm und von der Wirkung her so wichtig wie kein anderer.


So richtig der Hinweis auf die unterschiedliche Dimension der jeweiligen Ausgaben und ihrer Wirkungen auch ist – das Argument, der staatliche Haushalt sei im Grundsatz wie ein privater für seine Ausgaben auf Einnahmeerzielung angewiesen und Verschuldung sei hier wie da dasselbe, ist damit nicht vom Tisch.


2.


Für den staatlichen und den privaten Haushalt geht es um dasselbe, nämlich die eigene Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Im einen Fall also um die Versorgung des Staates und der Öffentlichkeit, im anderen um die der Familie.


Versetzt man sich für einen Moment in die Zeit vor der Einführung moderner Geldsysteme wird deutlich, dass der Staat zu diesem Zeitpunkt die eigene Versorgung unmittelbar hoheitlich, nämlich in Form eines auf Leistungen in Natur gerichteten Zwangsabgabensystems, organisieren musste. Der Begriff der Abgabe war damals ebenso wörtlich zu nehmen wie der der Fronarbeit.


Mit Einführung eines staatlichen Geldsystems wie es heute weltweit die Regel ist, begibt sich der  Staat hingegen für die eigene Versorgung notwendig in die Rolle einer Privatperson (dem sogenannten Fiskus) und schließt zu seiner Versorgung wie andere Privatpersonen auch ausschließlich (für den Vertragspartner freiwillige) privatrechtliche Verträge, insbesondere Kaufverträge, die er mit dem eigenen Geld bezahlt. Nur so kann und wird das staatliche Geld in Umlauf gebracht. Ein Nebeneinander von hoheitlichem Naturalabgabensystem und Geldsystem ist  von der Sache her ausgeschlossen.

Dass der Staat sich wie eine Privatperson versorgt und daher traditionell mit einer Einnahme/Ausgabenrechnung auch wie ein Privathaushalt geführt wird, bedeutet aber keineswegs, dass er bezogen auf das Geldsystem ausschließlich privat handelt.

Das gilt zum einen für die Steuern, die zwar dem Fiskus zufließen, aber gerade nicht wie die Versorgung des Staates mit Gütern und Dienstleistungen auf Freiwilligkeit (Vertragsfreiheit) beruhen. Die Pflicht Steuern zu zahlen beruht vielmehr auf Gesetz und wird notfalls per Zwang durchgesetzt.

Das gilt zum anderen für das gesetzlich geschaffene Monopol des Gesetzgebers, das von ihm als gesetzliches Zahlungsmittel festgelegte Geld physisch in die Welt zu setzen, im Fall von Scheinen und Münzen also herzustellen oder herstellen zu lassen. Historische Ausdrücke wie die „staatliche Münze“  zeugen noch von der Geldherstellung als hoheitlicher Aufgabe.

Die Tatsache, dass der Staat das Geld einerseits exklusiv herstellt und andererseits als Fiskus selbst ausgibt, verdeutlicht, dass die Ausgestaltung des Staates als privater Haushalt nur eine Fiktion ist, wie sich im Übrigen schon ohne weiteres aus dem öffentlichen Steuerprivileg des Staates ergibt.

Wie weit diese Fiktion in Bezug auf die Versorgung des Fiskus mit Geld durch den hoheitlichen Staat (dessen Bestandteil auch die Zentralbank ist) geht oder nicht geht, ist ausschließlich Sache des hoheitlichen Staates - des Gesetzgebers - selbst.


Der Grad der Fiktion lässt sich daran bemessen, in welchem Ausmaß die Verschuldung des Staates bei sich selbst oder der von ihm eingesetzten Geldbehörde zum ganz anders gelagerten privaten Schuldenproblem hochgehypt wird oder nicht.

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